November Update
Einleitung
Nach einem weitgehend stabilen Sommermonat hat sich der Oktober 2025 als einer der turbulentesten Monate des Jahres erwiesen – sowohl für Aktien als auch für Kryptowährungen. Während die US-Märkte noch im September auf neuen Hochs notierten, brachte die jüngste Kommunikation der US-Notenbank (Fed) erhebliche Unruhe. Jerome Powell stellte klar, dass eine Zinssenkung im Dezember nicht garantiert sei, womit er die Erwartungen vieler Marktteilnehmer dämpfte. Parallel dazu zeigten sich erste deutliche Spannungen im Repo-Markt, einem zentralen Teil des globalen Finanzsystems, was zusätzliche Nervosität auslöste.
Im Kryptobereich kam es im Oktober zu einer der grössten Liquidationswellen der letzten Jahre: Fast 20 Milliarden US-Dollar an gehebelten Positionen wurden aufgelöst, und zahlreiche Altcoins verloren teils 50 bis 80% ihres Werts. Damit hat sich das Marktumfeld innerhalb weniger Wochen deutlich eingetrübt.
Im Folgenden geben wir einen Überblick über die aktuelle Lage an den Märkten, erläutern die jüngsten geldpolitischen Entwicklungen und ordnen die Ereignisse ein.
Aktien
Der US-Aktienmarkt hat im Oktober Anzeichen einer Ermüdung gezeigt. Ein wesentlicher Auslöser war die Pressekonferenz von Fed-Chef Jerome Powell Anfang November. Seine Worte wirkten wie ein „Schlag ins Gesicht“ für die Marktteilnehmer, die fest auf eine baldige Zinssenkung gesetzt hatten. Powell stellte klar, dass eine Zinssenkung im Dezember keineswegs sicher sei und die Fed weiterhin „datenabhängig“ vorgehen werde. Diese Äusserung liess die Renditen am US-Anleihemarkt steigen, während Aktien spürbar nachgaben.
Gleichzeitig verdichteten sich die technischen Warnsignale: Der Nasdaq, der seit Jahresbeginn um über 15 % zugelegt hatte, bildet zunehmend ein sogenanntes Doppeltop-Muster – ein klassisches charttechnisches Schwächesignal. Auch beim S&P 500 häufen sich negative Divergenzen.
Unter der Oberfläche trübt sich zudem die Liquidität ein. Die starke Beanspruchung des Standing Repo Facility (SRF) der Fed zeigt, dass Banken zunehmend Schwierigkeiten haben, sich günstig zu refinanzieren. Solche Liquiditätsspannungen treten häufig vor Marktumschwüngen auf – ein weiterer Grund, vorsichtig zu bleiben.
Krypto
Der Kryptomarkt erlebte im Oktober einen der heftigsten Rückschläge seit Jahren. In einer dramatischen Verkaufswelle, ausgelöst durch eine Kombination aus makroökonomischen Sorgen, erhöhter Hebelwirkung und einem abrupten Risikoabbau, wurden rund 20 Mrd. USD liquidiert.
Bitcoin fiel innerhalb weniger Stunden um mehr als 10’000 USD, nachdem er zuvor im Sommer ein Allzeithoch bei rund 126’000 USD markiert hatte. Die führende Kryptowährung beendete den Monat mit einem Minus, ohne ein neues Hoch zu erreichen – obwohl US-Aktien zeitweise noch fest blieben. Diese Diskrepanz kann als Warnsignal interpretiert werden, da Bitcoin häufig als Risikobarometer für die allgemeine Marktstimmung gilt. Wenn Bitcoin trotz stabiler Aktienmärkte schwächelt, deutet das oft auf eine nachlassende Risikobereitschaft hin.
Noch dramatischer war die Lage bei den Altcoins: Zahlreiche kleinere Kryptowährungen verloren 50 bis 80% ihres Wertes. Projekte, die in den Sommermonaten noch hohe Renditen erzielten, stürzten regelrecht ab, was viele Privatanleger auf dem falschen Fuss erwischte. Besonders betroffen waren Coins aus den Bereichen DeFi und KI-Themen, die zuvor stark überhitzt waren.
Die Ursache liegt nicht allein in der Marktpsychologie, sondern auch in strukturellen Faktoren. Ein erheblicher Teil der Positionen war hoch gehebelt, sodass selbst moderate Kursrückgänge automatisch zu Zwangsliquidationen führten. Das verstärkte den Abwärtstrend und führte zu einer kurzfristigen „Kettenreaktion“ – ein typischer Verlauf in überhitzten Märkten.
Geldpolitik & Liquidität
Der Oktober brachte nicht nur Marktschwankungen, sondern auch Verwirrung rund um die geldpolitische Lage in den USA.
QT ist nicht QE
Das angekündigte Ende des Quantitative Tightening (QT) zum 1. Dezember 2025 bedeutet lediglich, dass die Fed ihre Bilanzreduktion stoppt, nicht dass sie wieder beginnt, Anleihen zu kaufen. Bis dahin entzieht sie dem Markt weiterhin Liquidität. Erst wenn sie aktiv wieder Wertpapiere erwirbt, beginnt Quantitative Easing (QE) – eine Ausweitung der Geldmenge.
Die „50 Mrd. USD“ waren keine neuen Dollars
Viele interpretierten die kurzfristige Liquiditätsmassnahme über das Standing Repo Facility (SRF) falsch als „Geldschöpfung“. In Wahrheit handelte es sich um Übernachtkredite an Banken – also kurzfristige Leihgaben, die am Folgetag mit Zinsen zurückgezahlt wurden. Die hohe Inanspruchnahme von rund 50 Mrd. USD war ein Zeichen für angespannte Finanzierungslage, aber keine dauerhafte Bilanzausweitung. Der private Repo-Markt trocknet aus, da Geldmarktfonds ihre Bestände an der Reverse-Repo-Fazilität nahezu aufgebraucht haben. Das zwingt Banken, sich direkt bei der Fed Liquidität zu leihen – ein klassisches Anzeichen, dass sich das Finanzsystem in einer späten QT-Phase befindet.
Kein automatisches „QE in 6 Monaten“
Der Glaube, dass QE immer sechs Monate nach QT folgt, beruht auf einem historischen Beispiel (2017–2020). Damals führte das Ende von QT zu Spannungen im Repo-Markt, und die Fed griff wenige Monate später während der Corona-Krise zu massiven Anleihekäufen. Dieses Muster ist jedoch nicht die Regel.
Auch heute zeigen sich erste Risse – die Liquidität wird knapper, und die Märkte reagieren empfindlicher auf geldpolitische Nachrichten. Dennoch ist ein sofortiger Kurswechsel hin zu QE aktuell nicht zu erwarten. Die Fed befindet sich weiterhin in der restriktiven Phase ihres Zyklus.
Fazit
Der November steht klar im Zeichen der Abkühlung. Nach Monaten der Euphorie werden die Märkte mit der Realität konfrontiert:
- Die US-Aktienmärkte zeigen Schwäche,
- der Kryptomarkt hat eine Reinigung durchlaufen,
- und das Finanzsystem sendet erste Liquiditätswarnsignale.
Wir befinden uns in der späten Phase des geldpolitischen Straffungszyklus – eine Zeit, in der Volatilität zunimmt und Korrekturen häufiger werden.
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